Wer ich bin

Sonntag, 16. März 2014

Serie: Das Leben als Zweifache-Jungs-Mama oder alleine unter Männern #2

Wie ihr gemerkt habt, war es hier einige Tage etwas ruhiger. Das hat mehrere Gründe: Zum einen wollte ich, dass der Post bezüglich der ErMahnwache in Berlin eine Weile No. 1 bleibt, weil es einfach ein wichtiges Thema ist und dieses Thema noch viel zu wenig Gehör findet. Zum anderen habe ich privat gerade etwas zu klären. Das zu erläutern gehört allerdings nicht hierher.

Nichtsdestotrotz haben wir ja schon wieder Mitte des Monats und es ist Zeit für einen Rückblick :-)

Oft liege ich zur Zeit einfach nur in meinem Bett, das Milchmonster nuckelt an meiner Brust, ich schließe die Augen und verfolge ganz intensiv seine Berührungen. Es ist einfach so wundertoll wie seine kleine Hand vorsichtig an meinem Arm greift, streichelt, ganz zart. Ok, soll ich ehrlich sein? Manchmal kann er mittlerweile auch schon ganz schön gut in die Brust kneifen ;-) Aber selbst das genieße ich einfach nur, weil mein Baby dabei so zufrieden schmatzt und gluckst. Ich bin so erstaunt, dass wir mittlerweile schon 4 Monate voll #stillen.


Ja, einige Mamas werden jetzt sagen: Worrauf kann man da stolz sein? Es ist doch das normalste auf der Welt!?


Stimmt! Aber bei meinem großen Sohn war das nicht so einfach mit dem Stillen. Ich habe ja schon mal angerissen, dass ich vermute, dass der Chaoszwerg aufgrund der schwierigen Geburt mit Saugglocke eine Blockade hatte und deswegen ein Art 24-Stunden-Baby war, wie man so schön sagt. Oder es war einfach sein Charakter und meine Unerfahrenheit; so wirklich erfahren werden wir es nie. Das Stillen klappte zwar, aber nicht reibungslos. Zwar trank er gut, aber er war auch sehr unruhig und wollte partout nicht abgelegt werden. Schlafen? Fehlanzeige! Wenn er mal ganz gut drauf war, durfte ich mich hinlegen, wenn er in meinem Arm eingeschlafen war. Alleine ablegen? No way! Meine Hebamme motivierte mich zwar weiterzustillen, aber irgendwann lagen die Nerven blank. Das man sein Baby nicht mal für 5min ablegen konnte, um das stille Örtchen aufzusuchen, ohne das das Haus zusammengeschrien wurde - und das, obwohl das Kind eine saubere Windel trug und gesättigt war - schien auf Dauer ein unertragbarer Zustand. Also schlug irgendwann doch die Verzweiflung zu, die sich die gutgemeinten, alten Ratschläge der anderen erfahrenen Mütter zu Herzen nahm. Zuerst wurde an die Brust angelegt, anschließend wurde noch mit Flasche und Pulvernahrung gefüttert. Da er nach dem Stillen auch durchaus immer noch eine Flasche leer trank, schien des Rätsels Lösung gefunden zu sein. Das arme Kind hatte einfach nur Hunger! Rückblickend sage ich allerdings: Ruhiger wurde er zwar, allerdings erst Monate später. Es stand also in keinem Zusammenhang damit, dass er hungrig war und die Brust nicht reichte. Seine ständige Unruhe und Unzufriedenheit als Baby muss also an etwas anderem gelegen haben. Aber überall, wo man seine Problematik vortrug, wurde es natürlich immer gleich auf das Stillen geschoben. Ansonsten war er, angeblich, kerngesund.
Ein Stillereignis blieb mir sehr in Erinnerung, weil es eine kurze Zeit war, wo es kein Kampf war und der Chaoszwerg trotzdem zufrieden schien. Es war Anfang Oktober 2009 und meine Mutter musste auf eine Geschäftsreise. Ich war das erste Mal so ganz alleine mit meinem Zwerg und zwei Hunden. Davor genoss ich ja den vollumfänglichen Familienschutz Zuhause. Es waren nur ein paar Tage, ein paar Tage, die wir für einen Neustart bezüglich des Stillens nutzen konnten. Ein Neustart, der auch gelang, denn plötzlich brauchten wir keine zusätzliche Flasche mehr! Das hielt dann noch mal 2-3 Wochen, bis ich dann doch wieder schwach wurde. Und mit rund 6 Monaten und Einführung der Beikost hatte es sich dann auch von alleine erledigt.

Und deswegen ist es für mich so ein Genuss, dass mein Milchmonster bisher noch keine Flasche gesehen hat (zumindest fast; die Prüfungstage zählen nicht ;-)). Und trotzdem wächst und gedeiht er prächtig. Ohne großes Tamtam, ohne große Probleme, ohne Geschrei. Damit habe ich auch die Vermutung widerlegt, ich hätte nicht genug Milch und könnte einfach nicht vollstillen. Sicher, die Kinder werden auch heute satt und ich bin dankbar für diesen Fortschritt, denn natürlich gibt es auch wirklich einfach die Situation, dass die Milch nicht reicht. Und ich hatte im Akt der Verzweiflung auch darauf zurückgegriffen. Dennoch denke ich, ist das eher seltener der Grund, weswegen das Stillen nicht funktioniert. Bei vielen abstillenden oder zufütternden Müttern ist es das soziale Umfeld, das sich ungefragt mit einmischt, Unwissenheit, die falsche Technik, Stress... es gibt sicher vielerlei Gründe. Ich kann nur für mich sprechen und da hat es an meinem Bewusstsein als Mutter genagt, dass ich mein Kind nicht ernähren konnte und Hilfe brauchte. Da half es auch nichts, dass mir so lachs gesagt wurde, dafür sei die Industriemilch doch da.

Ich weiß, dass mich einige Flaschenmuttis für die folgenden Worte jetzt steinigen werde. Deswegen schicke ich auch mal vorraus, dass ich niemanden verurteile, der nicht stillt (weil er nicht kann oder nicht möchte). Und ich unterstelle auch keiner Mama damit, dass sie ihr Kind weniger liebt, wenn man sich gegen das Stillen entschieden hat!  Aber ich schreibe diese empfindsamen Worte auch, um vielleicht der einen oder anderen, die gerade kurz davor steht, Mut zu machen. Mut zu machen, länger durchzuhalten. Mut zu machen, für sich und das Kind einzustehen und dafür vielleicht der Verwandschaft mal vor den Kopf zu treten. Mut zu machen, sich mit sich selber auseinanderzusetzen und seelischen Wunden die Chance zu geben zu heilen. Mut zu machen, sich diese Zeit einfach zu nehmen; ungeachtet des Haushaltes und der Bedürfnisse anderer. Aber auch Mut zu machen, manche Gegebenheiten einfach hinzunehmen.
Stillen ist (ähnlich wie die Geburt) ein sehr spirituelles und intimes Erlebnis und es vertieft das seelische Band zwischen Mutter und Kind.
Die (Ver-)Bindung zu meinem Milchmonster ist jetzt schon so tief und innig, das war damals bei meinem Großen nicht so. Ich spürte zwar auch da, wie mit jedem Tag die Liebe wuchs, aber dennoch empfand ich manche Situationen befremdlicher und das Stillen war durchaus mit viel Frust bespickt. Dabei lagen unsere Probleme wahrscheinlich nicht mal beim Stillen an sich, aber da sich zu der Zeit kein anderer Sündenbock gefunden hatte, musste es dafür gerade stehen. Vielleicht hatte ich damals dazu auch noch eine leichte Wochenbettdepression, aufgrund der Trennung und der daraus resultierenden stressigen Schwangerschaftszeit. Wer weiß...
Ich bin auf jeden Fall manchmal heute noch traurig und wütend, dass mir und meinem Chaoszwerg eine schöne Stillzeit verwehrt blieb und finde das auch etwas ungerecht vom Leben getaktet. Gleichzeitig grusel ich mich richtig vor dem Gedanken, denn ich weiß, jetzt muss ich das Loslassen wohl erst mal lernen. Aber ich muss es lernen. Dabei kann ich mir momentan noch gar nicht die Zeit ohne unsere schönen Still-Auszeiten im Alltag ausmalen. Mir fällt es sowieso so unglaublich schwer, mein Milchmonster in andere Hände zu geben. Aber wie sagte Goethe so schön:


"Zwei Dinge sollen Kindern von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel."


Schlussendlich ist aber vor allem eines wichtig: Der Ist-Zustand, der dann perfekt ist, wenn ich meine beiden Kinder im Arm halten kann! Und gerade was den Chaoszwerg angeht, werden diese Momente doch immer seltener. Immerhin ist er bald ein Vorschulkind. Da ist es nicht mehr so cool, ständig von Mutti abgeknutscht und -gekuschelt zu werden.




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